Satirischer Jahresrückblick „Wir sind eine Multi-Fruchtgesellschaft“

Kennen auch Sie Leute, die Gemüse essen? Sieben Millionen Menschen ernähren sich inzwischen ohne Fleisch. Damit leben in Deutschland genauso viele Vegetarier wie Ausländer. Im satirischen Jahresrückblick fragen wir: Droht uns die Überfruchtung? Dazu ein Zwischenruf von Anton Hofreiter Vorsitzender der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen .

Es ist ein grauer Wintermontag. Im verregneten Dresden demonstrieren erneut tausende besorgte Bürger. Viele fühlen sich in ihrer eigenen Küche nicht mehr sicher. Sie haben Angst vor der Überfruchtung Deutschlands. Sie nennen sich BEGEVA: Besorgte Essensschützer gegen die Vitaminisierung des Abendbrotes.

BEGEVA fürchtet sich vor dem Verfall der deutschen Tischsitten und fordert: Fleischzwang für straffällig gewordene Vegetarier, Gleichberechtigung für Antibiotika-Fleisch und ein Ende des absurden Gemüse-Mainstreamings.

Am meisten Angst haben die BEGEVA-Anhänger vor den sogenannten Salatisten – radikale Veganer, die sich ausschließlich von Blattgemüse ernähren.

Auf der Demo marschieren bullige Männer mit rasierten Schädeln, so glatt wie Schweinehintern, demonstrieren neben gesetzten Herren mit Mett-Igeln an der Leine. Sie alle sehnen sich nach einer deutschen Leitkochkultur, wo das Schnitzel als Keimzelle unserer Gesellschaft wieder im Mittelpunkt eines jeden Gerichtes steht, wo eine Parallel-Esskultur nicht geduldet wird.

Kochbüchern vertrauen diese Wurst-Bürger schon lange nicht mehr. Die seien alle gesteuert vom geheimen Vegetarier-Bund oder, noch schlimmer, den veganen Freimauern. Lieber schauen sie Rouladen-Today, einen Sender, der zeigt, was alle denken: So blutig geht es in Schlachthöfen gar nicht zu. Alles nur vegane Propaganda.

Ein älterer Mann schimpft am Rande der Demo: „Ich habe ja nichts gegen diese Früchtchen. Ich kenne auch Leute, die Gemüse essen. Aber in einer Stadt voller Gemüseläden und Vegetarier-Restaurants fühle ich mich einfach nicht mehr zu Hause. Ich vermisse den guten alten Wienerwald. Da habe ich meine Frau kennengelernt.“

Die AfD nennt die Forderungen der besorgten Fleischesser gut und richtig. AfD-Chef Bernd Lucke sagt: „Die Obstschale ist voll. Wir sind nicht die Biotonne der Welt. Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen.“ Aber die Wahrheit ist: Die AfD ist nur eine Pflaume, selbst der Speckmantel fehlt.

Die anderen Parteien streiten heftig über den richtigen Umgang mit BEGEVA. Innenminister de Maizière fordert eine Vegetarierdatenspeicherung. Die CSU kämpft mit der vegetarierfeindlichen AfD um die Lufthoheit an den verbliebenen Fleischtheken. Ihr Angebot: die Herd-Prämie für Fleischgerichte. Zusätzlich fordert Verkehrsminister Alexander Dobrindt eine Sonder-Maut nur für Obsttransporter. Und CSU-Generalsekretär Scheuer will, dass zu Hause nur noch deutsch gegessen wird.

Nach Protesten rudert die Partei der Schweinshaxn wieder zurück. Denn schließlich kommt die Kartoffel aus Südamerika und die Kastanienbäume in den Biergärten aus Kleinasien – also aus der Türkei! Ja, kruzifix, kommt denn gar nix mehr von hier!

Frieden stiftet Alfons Schuhbeck, der feststellt, dass wir eine Multi-Fruchtgesellschaft sind. Auch Banane, Orange oder Mango gehören zu uns. Und nicht nur das gescheite Schnitzel.

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