Es scheint die neue Erzählung einiger landwirtschaftlicher Funktionäre zu sein, das Sterben kleiner Höfe quasi als Naturgesetz zu beschreiben. Da die jungen Menschen so gute andere Arbeitsmöglichkeiten hätten, würden sie weder Höfe erben noch auf landwirtschaftlichen Betrieben arbeiten wollen und deshalb müssten benachbarte Höfe die verwaisten Flächen bewirtschaften und weiter: „Daraus resultiere der Strukturwandel, in dessen Folgen im Nordwesten immer größere Betriebe entstehen.“
Diese Lesart muss die zahlreichen Landwirte, die in Folge einer seit den 70er Jahren verfolgten Agrarpolitik des immer mehr- immer billiger ihren Hof aufgeben mussten, mehr als verärgern. Die die bäuerliche Landwirtschaft zerstörende Spirale des Wachsen und Weichen konnte man die letzten zwei Jahre nochmal hautnah im Bereich der Milchwirtschaft verfolgen. Als nach Ende der Milchquote (die selber auch die Spirale angeheizt hatte) die Molkereien Ramschpreise von knapp über 20 Cent für einen Liter konventionell produzierte Milch zahlten, wurden die schwächsten Betriebe von ihren Ausgaben aufgefressen und gaben auf. Und die Stärkeren, die sich im Glauben an das Wachstum zum Teil mit Investitionen verschuldet hatten? Diese „stärkeren“ Betriebe produzierten mehr Milch um ihr Geld hineinzubekommen und heizten damit die Ramschpreisspirale weiter an. Alle vernünftigen Stimmen, wie die von BDM und Landwirtschaftsminister Meyer, die eine selbstgesetzte Mengenreduzierung durchsetzen wollten, griffen erst sehr spät. Und die freiwillige Mengenreduzierung stoppte schließlich den Preisverfall. Alleine in dieser Milchkrise gaben viele Höfe in unserer Region auf.
Es ist aus meiner Sicht Hohn das Sterben kleinerer Höfe als quasi natürliche Abfolge zu beschreiben. Und v.a. geht es an den Bedürfnissen der Zukunft vorbei. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die noch viel umsichtiger mit unseren Ressourcen umgeht, das machen die Warnmeldungen zur Wasserqualität und zum Artensterben deutlich. Ich wünsche mir von Funktionären der Landwirtskammer und des Landvolks, dass sie z.B. Initiativen entwickeln wie das Landvolk im Ammerland und Oldenburg wo durch Kooperationen zwischen Landvolk und verschiedenen Verbänden Blühstreifen realisiert werden. Ich würde mir wünschen, dass sie z.B., wenn ein kleiner Hof wegen fehlender Nachfolge aufgeben muss, ganz offensiv unseren Landwirtschaftlichen Nachwuchs anspricht und beratend unterstützt auch auf einer kleinen Hofstelle von 40- 50 ha einen vielfältigen Biobetrieb aufzubauen. Dass die Älteren das Umstellungsrisiko scheuen ist mehr als verständlich, aber unsere jungen Landwirte können Herausforderungen sicher schätzen. Biobetriebe fehlen uns in der Breite nun wirklich und davon hätten alle was: Die Natur würde geschont, die Bionachfrage endlich mehr aus der Region gedeckt und die Bauern wesentlich bessere Preise als im konventionellen Bereich.
Ulli Maus – Landtagskandidatin der GRÜNEN
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