Bild v.l.n.r.: Meta Janssen-Kucz, Elke Rohlfs-Jacob, Doris Stehle, Astrid Kruid, Christina Harms-Janßen, Veronika Bujny, Martina Esser

Ist die Hebammenversorgung im ländlichen Raum gesichert?

Anlässlich der Schließung der Geburtshilfestationen in Wittmund, Oldenburg und Nordenham sowie des allgemein bekannten Mangels an Hebammen in unserer Region hatte die Regionale Arbeitsgemeinschaft (RAG) Gesundheit und Pflege von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN zu einer Abendveranstaltung „Zukunft der Hebammenversorgung“ am 21.03.19 in Sande eingeladen.

Martina Esser, Kreistagsabgeordnete von BÜNDNIS90DIE GRÜNEN in Friesland, begrüßte im vollbesetzen Saal im Hotel Leiners in Sande die Anwesenden. Die von der Vorsitzenden der RAG Gesundheit geleiteten Podiumsdiskussion, der Wittmunder Kreistagsabgeordneten Doris Stehle aus Friedeburg, stellte ein powervolles und fachkompetentes Podium vor.

Neben der gesundheitspolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, MdL Meta Janssen-Kucz, der Vorsitzenden des Hebammenverbands Niedersachsen, Veronika Bujny, der Kreisdelegierten Hebamme Friesland, Christina Harms-Janßen, der Leiterin der Hebammenschule Oldenburg, Astrid Kruid und der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Friesland, Elke Rohlfs-Jacob, wich das hochkarätig besetzte Podium keiner Frage aus und diskutierte mit den Anwesenden intensiv die derzeitige desolate Situation der Hebammenversorgung in unserer ländlichen Region.

Veronika Bujny forderte vehement die Umsetzung des Referentenentwurfs zur Hebammenversorgung in Niedersachsen ein. Dieser sieht u.a. die Akademisierung der Hebammenausbildung vor und schürt damit auch die Hoffnung auf bessere Bezahlung. Dringend werden mehr Hebammen gebraucht, weil in den nächsten Jahren ca. 25% der Hebammen in den Ruhestand gehen würden. Geburtshilfestationen im Nordwesten, in Delmenhorst, Wittmund, Oldenburg und Nordenham sind bereits weggebrochen oder von der Schließung bedroht. Selbst in Bremen fehlen 19 Hebammen. Dadurch kommen auf eine Hebamme z.Zt. ca. 130 Geburten zu, die kaum zu bewältigen sind.

Meta Janssen – Kucz erklärte dazu, dass Deutschland europäisches Schlusslicht in Sachen Umsetzung eines Konzepts für die Hebammenversorgung und -ausbildung sei. Seit 2005 war bekannt, dass die Hebammenausbildung ab 2015 akademisiert werden soll. Die Umsetzung hat bis zum Januar 2020 zu erfolgen. Der Referenten­entwurf muss aber noch den Bundestag und Bundesrat passieren und dann in den Bundesländern in ausführende Gesetze umgesetzt werden. Für den praktischen Teil des Studiums fordert Janßen-Kucz ausreichend Ausbildungsplätze in der Fläche. Dieses würde die zukünftigen Hebammen auch an die Region einbinden.

Astrid Kruid erklärte als Leiterin der Hebammenschule Oldenburg, dass die Kapazitäten für die Hebammenausbildung im Nordwesten sehr begrenzt seien. In Oldenburg werden alle drei Jahre 15 bis 20 Hebammen ausgebildet. Damit sei der derzeitige Bedarf in unserer Region nicht zu decken. Die nächste Ausbildung beginnt am 1. April mit 20 Teilnehmerinnen. Früher gab es für diese 20 Plätze 1000 Bewerberinnen, heute nur noch 250. Das ist zu einem Gutteil den schlechter werdenden Arbeitsbedingungen im Hebammenberuf zuzuschreiben.

Christina Harms-Janßen wies darauf hin, dass es in Friesland z.Zt. jährlich 760 Geburten mit steigender Tendenz geben würde. Dafür gäbe es zu wenig freiberufliche Hebammen und viele Frauen würden ohne Nachsorge nach der Entbindung bleiben.

Elke Rohlfs-Jacob stellte das Konzept der Familienhebammen vor. Hier wird Familien mit besonderem Hilfebedarf für ein Jahr eine Hebamme zur Seite gestellt, um die Familien in ihrer schwierigen Situation zu unterstützen. Diese Hebammen fehlten jedoch dann für die reguläre Betreuung.

In der regen Diskussion mit den Anwesenden wurde u.a. das Problem angesprochen, wie es grundsätzlich ermöglicht werden kann, Fachkräfte für die ländliche Region zu gewinnen. Deutlich wurde dabei, dass mehr Angebote für Familien gemacht und für Hebammen ähnliche Anreize wie für Landärzte geschaffen werden müssen. Eine familienfreundliche Kommune zeichne sich auch aus durch bezahlbares Wohnen, eine gute Entbindungssituation, Kitas, Spielplätze, ein durchgreifendes Schulangebot, einen vernünftigen ÖPNV und nicht zuletzt auch Jobangebote für die Partner*Innen der benötigten Fachkräfte.

Als Schlusskonsequenz des Abends fasste Doris Stehle zusammen, dass ohne Bündnispartner*innen und gewerkschaftliches Engagement und ohne eine Vernetzung aller Beteiligten die Verbesserung der Entbindungssituation in unserer ländlichen Region nicht zu schaffen sei. Die Politik sei aufgefordert, zügig die Umsetzung des Referentenentwurfs für die Hebammenausbildung und -versorgung zu betreiben.

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