“Wir müssen optimistischer mit dem Leitbild des Landkreises umgehen”, so die Stellungnahme der Partei und Kreistagsfraktion der SPD (Bericht des Harlinger vom 10.10.2020). “Optimismus als Grundhaltung ist für sich gesehen positiv, nur ist dabei auch die Frage zu beantworten, auf welche Grundlage dieser Optimismus sich beruft”, so der Kreisvorstandssprecher der GRÜNEN, Dr. Arendt Hindriksen. Die grundsätzliche Unterstützung des Leitbilds ist für die GRÜNEN selbstverständlich. Trotz Zustimmung sind allerdings berechtigte Bedenken anzumelden. “Von den Grünen als wesentlich erachtete Änderungswünsche wurden nicht eingearbeitet, wie z.B. ein klimaneutraler Tourismus, das ausdrückliche Bekenntnis zur Reaktivierung der Bahnstrecke Esens-Norden und die Aufnahme des Klimaschutzvorbehalts bei allen politischen Entscheidungen im Landkreis”, so der grüne Kreisfraktionsvorsitzender Martin Mammen.
Auch den Begriff “Wohlfühlen” auf eine organisatorische Institution wie die eines Landkreises zu übertragen, ist nicht jedem Bürger und jeder Bürgerin einsichtig. Das Selbstbild (Corporate Identity) des Landkreises (vertreten durch seine politischen Vertreter) muss nicht unbedingt das Selbstbild seiner Bürgerinnen und Bürger sein. Der Vielfalt der Menschen, der Interessen und der Institutionen ist nur beizukommen, wenn die Kompromissfähigkeit vorhanden ist, Minderheitsmeinungen zu akzeptieren und zu respektieren. Das ist das Wesen der liberalen Demokratie.
Zum “Wohlfühlen” gehört mehr als Kritiker am Leitbild als Bedenkenträger abzustempeln, die kommunale Entscheidungen nicht als Wahrheit letzter Schluss ansehen. In der Tat, “Wohlfühlen” ist ein menschliches Grundbedürfnis. Aber wie die Freiheit immer auch die Freiheit des Anderen ist, ist das Wohlfühlen nur akzeptabel, wenn sich mein Gegenüber auch wohlfühlen kann (übrigens über die Kreisgrenzen hinaus).
Die Erkenntnis, dass die grünen Analysen zu Naturschutz und Klimaschutz elementar für das Leben geworden seien, ist offensichtlich Allgemeingut geworden. Und die politische Sprechhülse, wenn alle gemeinsam (Naturschutz und Landwirtschaft) daran arbeiten, diese (die Lebensgrundlagen) zu erhalten” ist ebenso einsichtig wie der Satz “Nachts ist es kälter als draußen”. Es ist zu hoffen, dass mit “alle” auch diejenigen gemeint sind, die nicht unbedingt die Meinung der SPD vertreten.
Die Feststellung, dass Naturschutz ohne Landwirtschaft nicht gehe und umgekehrt, findet auch die Zustimmung der GRÜNEN. Nur zu suggerieren, dass der niedersächsische Weg zum Erhalt der Artenvielfalt und des Klima- und Gewässerschutzes als auch dem Erhalt der ländlichen Landwirtschaft diene, ist pure Augenwischerei. Es ist überhaupt nicht “gelungen, die unterschiedlichen Interessen von Natur- und Landwirtschaft in einem ausgewogenen und gegenseitig anerkannten Ausgleich zu bringen”. Mit Aufforderungen ist der Natur- und Klimaschutz nicht zu erhalten. Und auch die lokale Landwirtschaft wird sich an eine elementare Veränderung hin zu einer nachhaltigen und ökologisch orientierten Landwirtschaft stellen müssen, wenn sie den Natur- und Klimaschutz ernst nimmt. Wenn dieses ohne gesetzliche Vorgaben möglich ist, wäre das zu begrüßen. Aber die Erfahrung lehrt, dass ohne gesetzliche Vorgaben keine Einschränkungen durchzusetzen sind und Veränderungsnotwendigkeiten nicht akzeptiert werden.
Die Vermischung der durchaus begrüßenswerten Teile des Leitbildes mit der Aussage, dass der niedersächsische Weg das Heilmittel und die Rezeptur für unsere globalen und lokalen Natur- und Klimaschutzprobleme sei, ist dem Leitbild überhaupt nicht zu entnehmen und widerspricht auch elementaren grünen Positionen, die zum Schutz der Artenvielfalt verbindliche Regelungen verlangen. Artenschutz gibt es nicht zum Nulltarif.
“Grundsätzlich ist nicht alles Gold was glänzt und Bedenkenträger sind oftmals Kritiker, die aus der Kombination von Wissen und Erfahrung zum Nachdenken auffordern. Berechtigte Kritik mit Bedenkenträgertum gleichzusetzen und damit zu diskreditieren scheint offensichtlich dem kommenden Wahlkampf geschuldet zu sein. Nachdenken hat noch niemandem geschadet”, so abschließend der grüne Kreisvorstandssprecher Dr. Arendt Hindriksen.
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