Die Grünen im Landkreis Wittmund äußern sich kritisch zur Bilanzpressekonferenz der
Sparkasse Leer-Wittmund. Die Sparkasse steigerte gemäß Angaben auf ihrer
Bilanzpressekonferenz 2021 die Bilanzsumme und erzielte ein Ergebnis von 3 Millionen
Euro (der Anzeiger für Harlingerland berichtete am 15.1.2022).
Grünen-Sprecher Eberhard Hoffmann äußerste sich in einer Pressemitteilung dazu: „Wir freuen uns
natürlich sehr, dass es der Sparkasse Leer-Wittmund wirtschaftlich so gut geht, und sie weiterhin Jahr für Jahr und auch in der Krise wächst und gute Ergebnisse erzielt.“ Es sei sowohl für die Wirtschaftsbetriebe als auch für die Bürger:innen wichtig, ein starkes Geldinstitut vor Ort zu haben. Der Sparkassenvorstand habe auf der Pressekonferenz aber davon gesprochen, dass die ostfriesischen Unternehmen und Selbständigen bislang ebenfalls gut durch die Pandemie gekommen seien. Das hält Hoffmann für eine Verkennung der Lage und einen Mangel an Wertschätzung für viele, die durch die Krise hart getroffen werden.
So weist Nicole Henkel, Ortsvorsitzende der Grünen in Friedeburg, daraufhin, dass insbesondere aber
nicht ausschließlich viele Schausteller:innen und viele Selbständige aus dem Kulturbetrieb erhebliche
Einbußen haben hinnehmen müssen. Viele Betriebe haben bereits Insolvenz angemeldet oder befürchten,
dass demnächst tun zu müssen. Auch in der Gastronomie sei die Lage in vielen Betrieben schlecht.
Hoffmann und Henkel weisen noch auf zwei weitere Umstände hin, die ein anderes Bild zeigen, als es auf
der Bilanzpressekonferenz der Sparkasse wohl vermittelt werden sollte: Laut einer aktuellen Oxfam Studie
sei die Kluft zwischen arm und reich in der Pandemie noch dramatisch größer geworden, als sie es bereits
zuvor war. So haben die 10 reichsten Männer der Welt ihr Vermögen verdoppelt, während über 160
Millionen Menschen zusätzlich in die Armut gerutscht seien. 3,2 Milliarden Menschen – fast die Hälfte der
Menschheit – lebten unterhalb der Armutsgrenze von 5,50 Dollar pro Tag. Auch in Deutschland wachse
laut einer Bertelsmann-Studie 2021 jedes 5. Kind, also 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in relativer
Armut auf. Und 2020 galt das entsprechend dem Paritätischen Armutsbericht 2021 für 16,1 Prozent
(Niedersachsen: 17,6 %) der Bevölkerung, als 13,4 Millionen Menschen. Auch wenn konkrete Zahlen für
Ostfriesland hierzu noch nicht vorliegen, sei der Anteil an Armut in Ostfriesland tendenziell eher höher als
im Bundesdurchschnitt. Hoffmann: „Auch wenn wir uns gemeinsam darüber freuen, dass die Anzahl der
Insolvenzen in Ostfriesland und im Landkreis Wittmund insgesamt in den letzten beiden Jahren rückläufig
gewesen sind: in den letzten beiden Monaten des vergangenen Jahres ist die Anzahl der Anträge auf
Regelinsolvenzen deutschlandweit erheblich in die Höhe geschnellt. Alle Experten rechnen mit weiterem
Anstieg in diesem Jahr. Noch schlimmer: die Anzahl an Insolvenzen von Selbständigen und Privatpersonen ist in Niedersachsen bereits im vergangenen Jahr, also im zweiten Jahr der Pandemie laut Landesamt für
Statistik Niedersachsen dramatisch angestiegen!“ (Quelle: Statistische Monatshefte Niedersachsen
12/2021). Es gebe einen Run auf die Schuldnerberatungen. Die Sparkasse müsse sich schon aus
wirtschaftlichem Eigeninteresse um diese negative Entwicklung kümmern.
Abschließend betont Nicole Henkel: „Natürlich ist es eine erfreuliche Situation, eine ‚gesunde‘ Sparkasse vor Ort zu haben. Jedoch angesichts zunehmender Armut auch in unserer Region würde ich mir wünschen, dass die Sparkasse als Anstalt des öffentliches Rechts mehr zum hiesigen Gemeinwohl beitragen könnte, sprich mehr soziales Engagement und Einsatz für Betriebe und Menschen in Not in diesen schwierigen Zeiten.“
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