TOP 19 a: Niedersachsen wappnet sich gegen Sturm, Hochwasser und Meeresspiegelanstieg und schützt unsere Künste und unsere Inseln (Akt. Std. Grüne)
Die Nordsee – die meiste Zeit liegt sie ruhig vor unserer Haustür, sie kommt und geht mit den Gezeiten. Und wir sehen unser Weltnaturerbe, das Niedersächsische Wattenmeer, das ebenfalls die Inseln und die Küstenlinie schützt.
Doch der Klimawandel und seine verheerenden Auswirkungen schaffen eine neue Lage: nicht mehr nur im Herbst und im Winter, teils auch im Sommer kommt es zu heftigen Wetterereignissen wie Sturmfluten und Hochwasser. Erst in diesem Hochsommer gab es mitten im August ein schweres Sturmtief „Zacharias“, das über Norddeutschland hinwegfegte und den Hamburger Hafen überschwemmte. Experten des Deutschen Wetterdienstes fanden diesen Umstand extrem beunruhigend, da mit solchen Sturmfluten eigentlich nicht im Sommer zu rechnen ist, sondern eher in der Herbst- und Winterzeit.
Um uns schon heute vor diesen Hochwasserereignissen zu schützen haben wir Deiche, Flutschutzbauten wie zum Beispiel Siele, Schöpfwerke und Sperrwerke, die das Landesinnere an Flussmündungen und an den Küsten vor einer drückenden Flut abschirmen. Diese Bauten waren bereits in der Vergangenheit und sind auch heute noch dafür da, um unsere Existenz, die Existenz der Menschen am Meer, abzusichern.
Das Vorsorgeprinzip beim Küstenschutz ist gelebte Tradition und muss es auch weiterhin bleiben. Doch aufgrund der klimatischen Veränderungen und der zunehmenden Herausforderungen für den vorsorgenden Küstenschutz ist es auch klar, dass wir an dieser Stelle nicht sparen dürfen. Und so sieht leider die Realität aus. Aus dem Bund kommen weniger Mittel und das Land Niedersachsen muss diese Diskrepanzen ausgleichen. Schon in diesem Jahr mussten 38 Mio. Euro durch den Nachtragshaushalt für den Hochwasserschutz zur Verfügung gestellt werden. Das ist auf Dauer nicht finanzierbar.
Niedersachsen allein hat eine über 610 km lange Deichlinie, die es zu schützen gilt und die vorgelagerten Inseln, die uns schützen, aber auch geschützt werden müssen. Schon jetzt ist es so, dass die vermehrten und extremeren Wetterereignisse dazu führen, dass auf den Inseln und an den Küsten im Sommer in großem Stil Reparaturmaßnahmen vorgenommen werden müssen, um zu verhindern, dass ganze Strandabschnitte abgetragen werden. Wenn wir uns unsere Deiche anschauen, wissen wir, dass ein weiter so, wie bisher keine Option ist. Der Meeresspiegel steigt bis zum Ende dieses Jahrhundert vermutlich um einen Meter – je nach Modellrechnung – und wird in den kommenden Jahrhunderten weiter steigen.
Ein Meter Anstieg des Meeresspiegels bedeutet aber nicht, dass es reicht, die Deiche um einen Meter zu erhöhen. Mit höherem Pegel können Sturmfluten mit noch größerer Energie auf die Küste treffen und das Wattenmeer funktioniert nicht mehr wie bisher als natürlicher Puffer. Die Wellen brechen nicht vorher, sondern laufen mit höherer Energie den Seedeich hinauf und überspülen die Deiche.
Die Folgen des Klimawandels sind direkt verantwortlich dafür, dass der Druck auf unsere Deiche und Flutschutzbauten, die auch vielerorts in die Jahre gekommen sind, massiv steigt. Wenn wir beim Küstenschutz keine Anpassungen vornehmen, nicht die Ärmel hochkrempeln und auf allen Ebenen mehr Mittel zur Verfügung stellen, dann wird sich das Leben an der Küste durch den Klimawandel massiv verändern und vor allem risikoreicher werden. Das habe nicht ich mir ausgedacht und auch nicht die Grünen, das sagen aktuelle Studien, siehe UBA und der Weltklimarat IPCC.
Die Umsetzung und regelmäßige Fortschreibung des Generalplans Küstenschutz, inklusive Hochwasser-Risikomanagement im Küstenschutz und Klimaanpassung sind gerade deshalb ein so wichtiges Instrument. Ein Instrument das wir aktiv nutzen und konsequent umsetzen müssen. Die Zukunft der Küsten besteht aber nicht unbedingt nur aus größeren Betonbauten und Erd- und Steinwällen.
Auch der natürliche Flutschutz des Wattenmeers muss erhalten bleiben. Natürliche Wasserrückhaltemaßnahmen wie Entsiegelungen oder Deichrückverlegungen können Hochwasserwellen abmildern und verzögern.
An der Küste geht es jedoch nicht nur darum, dass wir uns vor dem Meereswasser schützen, sondern dass wir das Regenwasser aus dem Hinterland abführen und Möglichkeiten zum Wasserrückhalt in der Fläche schaffen – Stichwort Wassermanagement.
Deshalb ist essentiell, dass es in diesen Feldern weitere Forschung gibt, denn wir haben wissenschaftliche Kenntnisdefizite, die wir schließen müssen, um entsprechend handeln zu können.
Es steht allerdings nicht nur der Küstenschutz auf unserer politischen Agenda. Ebenso notwendig ist ein effektiver Hochwasserschutz im Binnenland, vor allem bei regionalen Starkregenereignissen. Beispiele dafür hatten wir in der jüngsten Vergangenheit genug und die Auswirkungen waren zum Teil verheerend. Und wir müssen uns alle bewusstmachen, dass solche Extremwetterereignisse mit fortschreitender Erderwärmung an Intensität und Häufigkeit zunehmen werden.
Aus diesem Grund ist der Generalplan Siel- und Schöpfwerke so wichtig, der uns hoffentlich bald umfassende Informationen über vorhandene Anlagen und ihren Zustand darlegen, aber auch die Signale in den einzelnen Regionen aufnehmen wird, die stärker von Klimaveränderungen betroffen sind. Immer mit dem Ziel zügig und flexibel reagieren zu können.
Ich hoffe es ist in meiner Rede deutlich geworden, dass der Küstenschutz- und Hochwasserschutz eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern ist und bleibt. Zwar ist der Küstenschutz bei uns in Niedersachsen von besonders hoher Priorität, da er massiv über die Zukunft des Küstenlandes Niedersachsen entscheidet. Küstenschutz ist aber auch eine nationale Aufgabe mit nationaler Verantwortung, das müssen auch die südlicheren Bundesländer endlich verstehen und sich solidarisch an die Seite der Küstenländer stellen. Dieser Verantwortung müssen sich alle Ebenen und Akteure stellen! Rot-Grün macht die Hausaufgaben und investiert in Küsten- und Klimaschutz. Wir schützen unsere Küste und die Inseln, die uns alle schützen.
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